Beschluss: Gleiches Recht auf freien Oberkörper für Alle

Einstimmiger Beschluss der BAG Frauenpolitik (18.06.22, Berlin)

Beschlusstext

Frauen müssen das Recht haben, selbst über ihren Körper zu bestimmen. Für die Realisierung dieses Grundsatzes kämpfen wir Grüne seit unserer Gründung (Wiederholung des Beschlusstextes vom 9.9.2018, Bundesfrauenrat in Leipzig).
Die im Grundgesetz garantierte Gleichberechtigung der Geschlechter muss sich auch auf das gleiche Recht erstrecken, sich mit freiem Oberkörper an Orten, an denen dieses üblich ist (Strand, Liegewiese, Schwimmbad etc.), aufhalten zu dürfen.
Frauen und weiblich gelesene Personen, die sich in der Öffentlichkeit ohne Oberbekleidung aufhalten, sind nicht anders zu behandeln als männlich gelesene Menschen, die dieses tun.
Die BAG Frauenpolitik begrüßt die Entscheidung vom April 2022 aus Göttingen, das oberkörperfreie Baden in der „Eiswiese“ und den Freibädern für alle Menschen zu ermöglichen. Die BAG appelliert an die Entscheidungsträger*innen, die Gleichbehandlung der Oberkörper aller Geschlechter nicht nur am Wochenende, sondern dauerhaft umzusetzen.
Die BAG Frauenpolitik begrüßt die Entscheidung des Münchener Stadtrats von Juni 2019, allein die Bedeckung der primären Geschlechtsmerkmale im Isar-Bad festzuschreiben. Die BAG appelliert an die Entscheidungsträger*innen, die Gleichbehandlung der Oberkörper aller Geschlechter auch in allen anderen Bädern dauerhaft umzusetzen.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Frauenpolitik von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert Verantwortliche in Bund, Ländern und Kommunen auf:

• klar zu kommunizieren, dass die Geschlechter auch mit Bezug auf mögliche Rechte und Pflichten die Oberbekleidung betreffend gleichberechtigt sind,
• zu prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass sich Fälle wie der Verweis von
• Gabrielle Lebreton aus der Plantsche, Mina Berger aus der Eiswiese und Frauen vom Isar-Bad nicht wiederholen,
• falls dazu eine Gesetzesänderung nötig sein sollte, diese anzustreben.

Begründung

Sicherheitsbedienstete, Ordnungshüter*innen und Badepersonal weisen Frauen und weiblich gelesene Personen immer wieder an, ihren Oberkörper zu bedecken, wenn sie sich oben ohne an Orten aufhalten, an denen dieses durchaus üblich ist. Schlagzeilen machte in dem Zusammenhang das Isar-Bad in München, die Plantsche in Berlin und die Eiswiese in Göttingen.
In allen drei Fällen wird darüber gestritten, ob die Ordnungshütenden damit die Einhaltung geltenden Rechts umsetzen oder ob sie ihre Kompetenzen überschreiten, indem sie der Hälfte der Menschen den freien Oberkörper verwehren, der anderen Hälfte der Menschen dieses Recht aber selbstverständlich zugestehen.
Rein biologisch betrachtet ist die weibliche Brust ein sekundäres Geschlechtsmerkmal wie viele andere sekundäre Geschlechtsmerkmale auch: Brustbehaarung und Bartwuchs, breitere und schmalere Schultern, die charakteristische Fettverteilung. Es gibt keinen objektiven Grund für die Sexualisierung der weiblichen Brust
(https://www.medizin-kompakt.de/geschlechtsmerkmal).
In manchen Gesellschaften ist es vollkommen normal, dass Frauen sich wie die Männer mit freiem Oberkörper in der Öffentlichkeit bewegen.
Wenn wir unser Grundgesetz ernst nehmen, darf es auch bei uns keinen Unterschied machen:
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich (Art 3 GG, Abs. 1). Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin (Art 3 GG, Abs. 2). Niemand darf wegen seines Geschlechts […] benachteiligt oder bevorzugt werden (Art 3 GG, Abs. 3).

Es gilt, das Grundgesetz praktisch zur Anwendung zu bringen, ohne dass einzelne Personen es immer wieder einzeln durchfechten müssen. Es gilt, die gleiche Freiheit für alle zu garantieren.

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