Protokoll: BAG Sitzung vom 08. – 10. April 2011 in Berlin

Moderation und Protokoll: Irmgard Pehle und Stefanie Friedrich

–vorbehaltlich der Beschlussfassung der BAG in der Folgesitzung –

Die BAG tagte von Freitag, den 08.04.2011 um 18 Uhr bis Sonntag, den 10.04.2011 um 13 Uhr

Freitag:

Begrüßung und Formalia

Die Anwesenden der BAG wurden von den Sprecherinnen begrüßt, die Beschlussfähigkeit wurde festgestellt.

Irmgard beantragte, Stefanie Friedrich als stimmberechtigtes Mitglied der BAG zu kooptieren. Dies wurde einstimmig beschlossen.

Das Protokoll wurde nicht mit der Einladung verschickt. Es bestand Einverständnis, dass die beiden vorheringen und das Protokoll der aktuellen Tagung über den Verteiler verschickt werden. Die formelle Abstimmung über alle drei erfolgt dann auf der nächsten BAG.

Die Tagesordnung wurde dahingehend geändert, dass der Bericht des Bundesvorstandes am Freitag erfolgt.

Astrids Anfrage, ob ihr Praktikant an der Sitzung teilnehmen kann, wurde, nachdem sich eine Frau dagegen ausgesprochen hatte, mit Hinweis auf den Grundsatzbeschluss vom Februar 2010 abgelehnt.

Bericht zur Frauenpolitik im Bundestag von Monika Lazar

Quoten:
  1. Frauenquoten in Aufsichtsräten: Bisheriger „Höhepunkt“ war der „Quotengipfel“ am 30. März mit Kristina Schröder, Ursula von der Leyen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Rainer Brüderle sowie Personalverantwortlichen der DAX 30-Unternehmen. Ergebnis: alles soll weiterhin freiwillig bleiben. Ministerin Schröder kündigte ein Gesetz zur freiwilligen Selbstverpflichtung an. Zum grünen Gesetzentwurf zur Quote für die Aufsichtsräte wird am 14.5. im Rechtsausschuss eine Anhörung stattfinden.
  2. Frauenquoten in der Politik: Dazu wurde von der Bundestagsfraktion ein Gutachten eingeholt. Das Parité-Gesetz wird in der Bundestagsfraktion diskutiert, am 15.04.11 findet dazu ein internes Fachgespräch statt.
Entgeltgleichheit:

Die Debatte wurde im Bundestag wegen Libyen auf den 7. April verschoben.

Internationaler Frauentag/Arbeitsmarkt:

Zum 100sten Internationalen Frauentag führte die Fraktion eine breite Kampagne zu Frauenrechten durch. Alle Abgeordneten waren aufgefordert, Veranstaltungen rund um das Thema Frauenpolitik zu machen. Eine Präsentation findet sich auf der Homepage. Für die Debatte im Bundestag wurde der Antrag „Frauen verdienen mehr – Gleichstellung ist Innovationspolitik“ eingebracht, er beinhaltet umfassende Forderungen zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt.

Sorgerecht:

Die Unterschiede zwischen den Positionen sind in allen Fraktionen ähnlich. Die Grünen haben bisher als einzige einen Antrag vorgelegt.

Präimplantationsdiagnostik (PID):

Die Haltungen dazu sind in der Bundestagsfraktion kontrovers. Die erste Lesung der Anträge wird am 14.04. stattfinden. Eine Anhörung istfür Mai und die abschließende Beratung vor der Sommerpause geplant.

Genitalverstümmelung:

Die Diskussion läuft in allen Fraktionen ähnlich. Ein grüner Gesetz-entwurf liegt vor.

Hebammen:

Für die Hebammen fordern Oppositionsanträge eine Verbesserung der Situation. Eine Studie zur Einkommenssituation soll durchgeführt werden.

Zwangsverheiratung:

Das Zwangsverheiratungsbekämpfungsgesetz enthält als Hauptknack-punkt die Verlängerung der Ehebestandszeit von auf zwei auf drei Jahre.

Bericht des Bundesvorstandes von Astrid Rothe-Beinlich

Nachklapp auf die letzten Landtagswahlen:

Gerade in Wahlsystemen, die stark oder nur auf Direktmandate bauen wie die Landtagswahl in BaWü, werden Frauen beim Zugang zu Mandaten stark benachteiligt. Bei Regelungen zu Überhangmandaten werden zudem die großen Parteien bevorzugt. Astrid plädiert dafür, die Wahlgesetze grundlegend zu überdenken. Nach den letzten Landtagswahlen gibt es bei den Grünen 3 Doppelspitzen (Bayern, Berlin, RLP), 9 x steht (im Westen) ein Mann an der Spitze der Landestagsfraktion, nur 3 x gibt es eine alleinige Frauenfraktionsspitze (Sachsen, Thüringen und Sachsen – Anhalt).

Länderrat:

In Mainz dominierte das Thema Atom/Japan. Zur grünen Wirtschafts­politik wurde ein umfangreicher frauenpolitischer Antrag („Die Hälfte der Macht – Für eine verbindliche Quote in der Wirtschaft“) mit Quote, Verbot von Minijobs, prekärer Arbeit verabschiedet, der maßgeblich vom Präsidium des Frauenrates vorbereitet wurde.

Die Rolle der Frauen in den Revolten der arabischen Welt war Thema auf dem Länderrat und wird es auch auf Bundesfrauenrat am 6./7.5. in Bremen sein. Dort ist auch ist eine Flash-Mob Aktion zur Entgeltgleichheit in Anlehnung an den Film „We want sex“ geplant, mit Outfits der 60er Jahre.

Bundesvorstand (BuVo):

Der BuVo hat zum 100. internationalen Frauentag und zum grünen Jubiläum: 25 Jahre grüne Quote neues Infomaterial in Form eines Zeitstrahls zum Thema „Die Hälfte der Macht den Frauen – Meilensteine der Frauenbewegung“ veröffentlicht.

Vom 01.01.2011 bis zum 05.04.2011 wurden 1586 neue Parteimitglieder aufgenommen. Der Frauenanteil ist auf 38 Prozent gestiegen.

Zukunftskongress (ZuKo):

Die Zukunftsforen werden auf dem geplanten Zuko 10 Workshops einbringen. 4 weitere können von BAGen organsiert werden. Die BAG-Frauenpolitik wird einen Vorschlag für einen Workshop zum Thema unabhängige Existenzsicherung einbringen. Für den Vorabend des Zuko ist Frauenratschlag angedacht, aber noch nicht beschlossen.

Das Präsidentinnentreffen des Deutschen Frauenrates findet am 28. Mai statt – dort vertritt Astrid die grünen Frauengremien.

Beschluss:

Astrid informiert uns über die Entwicklungen beim Zuko. Die Sprecherinnen melden ggf. einen Workshop an.

Zur Info: Der Vorschlag der BAG für den Workshop wurde angenommen.

Bericht aus den Ländern, 1. Teil:

Berlin, siehe unten.

Samstag:

Vortrag von Alexa Wolfstädter, ver.di Abt. Frauen- und Gleichstellungspolitik: eg-Check oder logib-D?

Im Mittelpunkt des Vortrags stand die Frage nach einer diskriminierungsfreien Entlohnung im öffentlichen Dienst. Dafür wurden die beiden Instrumente eg-Check und logib-D entworfen, die Alexa vorstellt und bewertet.

Der Grundsatz ‚gleichwertiges Entgelt für gleiche Arbeit‘ stand im BGB und ist mit dem AGG weggefallen. Das Unionsrecht gilt nun unmittelbar. Das diesbezügliche Verbandsklagerecht wäre wichtig, weil einzelnen Betroffenen wegen ihrer oft unsicheren Beschäfti­gung Angst haben zu klagen.

Gegenüber veralteten (aber teilweise noch geltenden) Tarifen hat sich Folgendes geändert: Es wird grundsätzlich die Stelle bewertet, nicht der Mensch, der die Arbeit verrichtet. Lebensalterstufen sind nicht mehr zulässig. Unterschiedliche Entlohnungsstufen aufgrund von Betriebszugehörigkeit werden nach wie vor angewandt, sind aber diskriminierend, da Frauen nach der Geburt von Kindern häufiger unterbrechen. Leistungsanforderungen wie z.B. Flexibilität sind diskriminierungsverdächtig; Überstundenzuschläge erst ab Regelarbeitszeit ebenfalls. Aus gewerkschaftlicher Frauen-Sicht müssten sie bei Überschreiten der individuellen Arbeitszeit gezahlt werden, besonders da Frauen häufiger reduzierte Arbeitszeiten haben.

Der eg-Check steht unendgeldlich zur Verfügung und soll Rechtssicherheit schaffen und Fakten selbst für den Klageweg liefern. Er ist umfassender und differenzierter als logib-D, weil er die Ursachen und Teilbereiche der Diskriminierung aufdeckt. Logib-D deckt stattdessen nur sehr allgemein auf, ob sich Lohndiskriminierung nachweisen lässt. Als Humankapital wird bei Logib-D Ausbildung, Dienstalter und potenzielle Erwerbserfahrung herangezogen.

In der Diskussion wurde eine Differenz zwischen gewerkschaftlicher und grüner Betrachtung (hier nicht behandelter Aspekte) deutlich. Fragen dazu gerne an: irmgard.pehle@gruene.de

Bericht der BAG-AG Gender Mainstreaming

Die AG Gender Mainstreaming zieht Resumee zu ihrer 1 ½-jährigen Arbeit und schlägt das weitere Vorgehen vor. Die AG kann keine dauerhafte Betreuung des Umsetzungsprozesses von GM gewährleisten, dies war auch nicht so beabsichtigt. Die AG ist bundesweit über einen langen Zeitraum nur schwer arbeitsfähig. Verschiedenste Instrumente wurden probiert: Telefonkonferenzen, Treffen etc. Die Kontakte wurden häufig an andere Veranstaltungen angedockt. Ein Fazit: mit 4 Personen war die AG am gewinnbringendsten.

Nun soll das Thema GM auf einem BAG-SprecherInnen-Treffen thematisiert werden. (Dazu soll Gabi Schambach erneut als Referentin eingeladen werden.) In diesem Sinne soll an den BuVo herangetreten werden (siehe Beschlüsse).

Außerdem will die AG ein Konzept-Papier zum GM schreiben, dies wird u.U. noch mindestens ein Jahr dauern.

Beschluss:

Einstimmig beschlossen

Die BAG Frauenpolitik beauftragt die AG Gender Mainstreaming mit folgendem Vorschlag an den Bundesvorstand heranzutreten:

Das Thema Gender Mainstreaming soll auf einem der nächsten Treffen des BAG-SprecherInnen-Rates, spätestens bis Ende 2012, auf die Tagesordnung gesetzt werden. Ziel dieses Tagesordnungspunktes ist es die strukturelle und inhaltliche Umsetzung von Gender Mainstreaming innerhalb der Parteigremien verbindlich zu implementieren.

Bei der inhaltlichen Ausrichtung geht es um das Sichtbarmachen der Geschlechterrelevanz der jeweiligen Fachthemen sowie um die Themensetzung. Bei der strukturellen Umsetzung hingegen geht es neben dem Ziel der gleichberechtigten Repräsentanz von Frauen und Männern um die organisatorische Gestaltung der Gremienarbeit.

Beschluss:

Einstimmig beschlossen

Die BAG-Sprecherinnen werden beauftragt für die Umsetzung des GM-Beschlusses, auch in Bezug auf Verbindlichkeit und Zeitnähe, Sorge zu tragen, d.h. zu beantragen, dass es auf die Tagesordnung der Sitzung 2012 gesetzt wird und in der Sitzung des BAG-SprecherInnen-Rats 2014 ein Zwischenstand berichtet wird.

Bericht aus dem Europaparlament von Elisabeth Schrödter

Ein Schwerpunkt von Elisabeths Arbeit ist die Durchsetzung von Gender Mainstreaming und Strukturreformen in den Europäischen Institutionen. Sie macht u.a. Frauenpolitik im Regional- und im Sozialausschuss und stellte klar, dass wir uns auf viele Arbeitsergebnisse beziehen können. Ferner ist sie jetzt für 2,5 Jahre als Genderbeauftragte im Strukturausschuss gewählt und wird auf Basis ihres Engagements auch zu Genderfragen in die Rats-Arbeitsgruppen eingeladen.

Insbesondere die Tatsache, dass sich der Europäische Gerichtshof auf Basis der EU-Grundrechtecharta für Unisex-Tarife bei Versicherungen ausgesprochen hat, hebt sie als gleichstellungspolitischen Erfolg hervor. -> Gleichstellung kann nun auf Basis der EU-Grundrechtecharta eingeklagt werden.

Eine Broschüre von Elisabeth zum Thema „green jobs“ ist in alle KV gegangen. Weitere Exemplare können bei ihr angefordert werden.

Vortrag von Stefanie Friedrich, Politische Beteiligung von Frauen und Männern in Deutschland – Brauchen wir ein Paritégesetz?

Stefanie verdeutlicht die Unterrepräsentation von Frauen auf den verschiedenen politischen Ebenen (u.a. in Bezug auf die Parteimitgliedschaft und Mandate in Landtagen, dem Bundesrat und dem Bundestag) sowie – wenn man den zeitlichen Verlauf der Besetzung dieser Ämter betrachtet – insbesondere bei politischen Spitzenpositionen (u.a. als MinisterpräsidentInnen, BundeskanzlerInnen, BundespräsidentInnen).

Zentrale Bedeutung wird insbesondere diesen Punkten beigemessen:

  1. Gerade Direktmandate werden sehr viel häufiger von Männern gewonnen.

  2. Wahllisten gelten als frauenfreundlicher. Bei der Vergabe der Listenplätze zeigen sich aber deutliche Parteiunterschiede. Während die Grünen und die Linken tendenziell eher paritätisch besetzen, sind bei der SPD schon mehr Männer auf den Listen, CDU, CSU und FDP vergeben ihre Listenplätze deutlich häufiger an Männer.

  3. AmtsinhaberInnen haben auf allen politischen Ebenen deutlich bessere Chancen zur Wiederwahl. Nun sind diese aber mehrheitlich männlich

Fazit:

Eine ausgewogene politische Repräsentation von Frauen und Männern stellt sich nicht von alleine ein. Stattdessen benötigen wir verbindliche und strukturelle Vorgaben für geschlechtergerechte politische Teilhabemöglichkeiten. Diese wiederum müssen unabhängig von der Bereitschaft der Parteien sein.

Beschluss:
Beschlossen bei 2 Gegenstimmen und einer Enthaltung.

Die BAG Frauenpolitik unterstützt die Verankerung von gesetzlichen Quotierungsregelungen für die Aufstellung von Wahllisten auf Europa-, Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Durch diese soll eine geschlechtergerechtere Vergabe von Mandaten sichergestellt werden.

Berichte aus den Ländern:

Die Berichte aus den Ländern wurden im Vorfeld schriftlich versandt. Auf der Tagung wurden mündliche Ergänzungen zu besonders zentralen Themen, insbesondere den Wahlen, vorgenommen.

Berlin:

Motto des Wahlkampfes: Eine Stadt für alle. Auf der Landesmitgliederversammlung wurden die ersten 17 Listenplätze besetzt. Unter diesen ist keine Frauenpolitikerin. Erstmals durften MigrantInnen nicht mitwählen.

Hamburg:

Es war eine vorwiegend personalisierte Wahl. Bei den Grünen sind von 14 Abgeordneten 9 Frauen. In den Bezirken gibt es in von 2 von 7 Bezirken eine Frauenmehrheit. 3 von 7 Bezirken haben Frauen als Bezirksvorsitzende. Eigenfinanzierte Nacht- und Nebel-Plakate haben zum Erfolg der Kandidierenden beigetragen.

Baden-Württemberg:

Die Grünen haben 25 Männer und 11 Frauen im Landtag. 4 grüne Frauen (darunter Brigitte Lösch) + 5 grüne Männer haben ein Direktmandat errungen. 25 Frauen und 113 Männer sind insgesamt im Landtag.

Schleswig-Holstein:

Im Mai 2012 sind vorgezogenen Landtagswahlen. Im August ist ein Forum zu Frauenfragen zum Wahlprogramm.

Rheinland-Pfalz:

Die LAG ist geschwächt, weil die Ko-Sprecherin Anne Spiegel in den Landtag gewählt wurde. Die Grünen haben 18 Plätze (9/9), davon 1 Mann als Direktkandidat.

Beschluss:

einstimmig beschlossen

Die BAG wird an die grünen Fraktionen in BaWü und RLP schreiben und zum hervorragenden Wahlergebnis gratulieren. In diesem Zusammenhang soll auch noch einmal verdeutlicht werden, dass wir von einer geschlechtergerechten Vergabe von Regierungspositionen ausgehen.

Sonntag

Kurzer Bericht von Astrid Rothe-Beinlich zur Mitgliederversammlung inklusive Listenaufstellung am Samstag

Vortrag und Diskussion mit Ulrike Bürgel (BAG Behindertenpolitik) zum Positionspapier Inklusive Gesellschaft

Zentrale Punkte des Papiers behandeln die Aspekte Teilhabe, Selbstbestimmung und Zugang zu Rechten. Der Ansatz der Inklusion zielt auf Anerkennung der Vielfalt der Menschen (u.a. in Bezug auf Herkunft, sexuelle Identität, Alter, Beeinträchtigungen, Geschlecht) als zentraler Bestandteil der Gesellschaft. Hier wird eine Abgrenzung vom Begriff der Integration beabsichtigt, der von der Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft ausgeht. Änderungsvorschläge können bis 30.04. an Markus Kurth (markus.kurth@bundestag.de) geschickt werden.

Zentrale frauenpolitische Termine 2011:

15.4.: Fachgespräch Paritegesetz im Bundestag
6.-7.5.: Bundesfrauenrat
9.5:. Bund-Länder-Treffen Frauenpolitik
01.07. evt. Frauenratschlag vor dem ZuKo
02.07. Zuko
11.-12.11.: BAG Frauenpolitik
12.-13.11.: Bundesfrauenrat
25-27.11: BDK

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