PDF: Protokoll BAG Frauenpolitik (08. – 10.11.2013 in Hamburg)
Tagungsort: GRÜNE Landesverband Hamburg
Freitag, 08. November, 35 Anwesende!!!
Rückblick und Auswertung der Bundestagswahl
Input: Astrid Rothe-Beinlich, MdL
Diskussion:
– Inhaltlich haben wir sehr gut vorgearbeitet, dahinter dürfen wir uns nicht mehr zurückdrängen lassen, wir müssen für unsere Programmatik kämpfen
– Frauenflyer war auf Platz 1 in der Beliebtheitsskala, wurde am meisten geordert, obwohl er gar nicht von Anfang an vorgesehen war: musste argumentativ erkämpft werden.
– HH hatte parallel einen Volksentscheid zu Energienetzen am Laufen, konnte einen eigenständigen Wahlkampf führen und hat bundesweit das beste Ergebnis erzielt. Das ging mit vielen Ständen, Früh-, Mittel- und Spätverteilung und vielen Gesprächen…
– Frauenpolitik muss bei Grünen und auch in Wahlkämpfen eine zentralere Rolle bekommen, als es der Fall war.
– Wir sind zu technisch rübergekommen, wir müssen beim Steuerkonzept eher erklären, wofür wir es brauchen.
– Schade, dass eigenständige Existenzsicherung kein Schlüsselprojekt wurde.
– Kein explizites Frauenpolitik-Plakat: schade
– Konzeptheftchen eigenständige Existenzsicherung sollte aufgelegt werden.
– Grüne intern Kritik am Steuerkonzept schon kurz vor der einstimmigen Verabschiedung und immer weiter in jedes Mikrofon, dass es unrealistisch sei
– Lobbygruppen wie Barmenia und viele andere inklusive Medien fuhren eine monströse Kampagne gegen uns, siehe Beispiel Veggie-Day und Pädophiliedebatte…
– Nach der Wahl: Rücktritte, als sei das Wahlergebnis eine Katastrophe
Prostitution und Menschenhandel
Input: Gesine Agena, Frauenpolitische Sprecherin im Bundesvorstand
– Was sagt Prostitution eigentlich über unsere Gesellschaft aus? Z.B. Nach Geschäftsabschluss im Puff feiern, auch die, die eigentlich nicht mit wollen
– Immer patriarchale Ausbeutungsverhältnisse mit diskutieren
– Strukturelle Gewalt und personale Gewalt unterscheiden
– Bordelle zu Gewerbestätten, um sie kontrollierbar zu machen.
– Nicht über, sondern auch mit den Prostituierten selbst das Gespräch führen
– Gibt es Wahlfreiheit zur Prostitution? Abschaffen oder die Arbeitsbedingungen verändern; Abschaffung führt zur Verlagerung in Illegalität, weniger Schutz, mehr Gewalt und Ausbeutung
– es gibt eine zunehmende Vermischung zwischen legaler Prostitution und Zwangsprostitution
– Flatrate-Bordelle
– Es gibt zu wenig Zahlen und Untersuchungen, es muss mehr in die Forschung investiert werden.
– Das Präsidium des BFR wird in zwei Wochen einen Antrag einbringen.
Literaturtipp: Einführung in die Gender- & Queer Studies Nina Degele, darin:
Susanne Koppe: Sexarbeit zwischen patriarchaler Ausbeutung und emanzipatorischer Subversion
Samstag, 09. November
Arbeitsweise der BAG – wie ist es die letzten zwei Jahre gelaufen, wie weiter
– Facebook-BAG-Seite aufgeben, da es die GRÜNEN Frauen gibt
– BAG-Homepage (nur MAC-kompatibel) um Termine der LAGen ergänzen.
– Debattenliste nicht schließen, auch wenn dort Einträge gemailt werden, die Grünem feministischen Grundkonsens widersprechen.
– Listen Debatte und intern klarer trennen
– Arbeitskreise zu konkreten Themen weiterführen wg. Erfolge wie Positionspapier Eigenständige Existenzsicherung.
Rechenschaftsbericht der Sprecherinnen
Sprecherinnen-Neuwahl
Kandidatinnen: Sandra Hildebrandt (Berlin), Mareike Engels (HH), Gesine Mertens (Sachsen)
29 Stimmberechtigte, Quorum 15,
Sandra: 24, Mareike: 16, Gesine: 13, wird Stellvertreterin
Wahl der BFR-Delegierten
Kandidatinnen.: Doro Meuren, Sylvia Meyer, Astrid Rothe-Beinlich
28 Stimmberechtigte, Quorum 15,
Astrid 25, Sylvia 18, Doro 10
Doro, Friederike kandidieren als Stellvertreterinnen und werden offen einstimmig gewählt
ErzieherInnen-Ausbildung
Input: Regine Geraedts, Referentin für Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik bei der Arbeitnehmerkammer in Bremen
Kurzer Exkurs in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts: Duales System für Männer, Frauen gehen als ungelernte Arbeiterinnen in die Fabriken oder als Bürgerliche in die Haushalte. Frauenschulen werden gegründet. Das Berufsbildungssystem ist zweigeteilt: Das duale System steht v.a. Männern offen, Frauen „nur“ das Schulberufssystem ohne Einbindung in die Arbeitswelt. Diese Spaltung wirkt bis heute nach.
– Ba-Wü hat praxisintegrierte Ausbildung für ErzieherInnen, die sehr gut angenommen wird.
– In den meisten Bundesländern umfasst der schulische Teil der ErzieherInnenausbildung zwei Jahre, danach erfolgt das einjährige Praktikum. Der schulische Teil ist sehr unterschiedlich in den Ländern geregelt.
Diskussion:
– Von Akademisierung des ErzieherInnenberufes wird leider nicht mehr gesprochen, gerade GRÜNE waren hier eine Zeit lang VorreiterInnen. Das Thema soll wieder nach vorne gebracht werden.
– Tendenz: pro Kinderbetreuungseinrichtung sollte eine Stelle mit akademisch Ausgebildeten zur Verfügung gestellt werden.
– Die Ausbildungssituation muss verbessert, die Bezahlung höher werden.
– im Vortrag fehlte die ostdeutsche Perspektive, diese soll in den weiteren Überlegungen der BAG und ihrer AG stärker berücksichtigt werdern
– Es wird eine AG zu dem Thema gebildet, die bis zur nächsten BAG ein Papier erarbeiten soll. Gesine Mertens wird sie leiten. Zunächst wird das Kerngeschäft diskutiert: die Ausbildung aus Frauengesichtspunkten, im zweiten Schritt wird mit den BAGen Soziales und Bildung zur weiteren Zusammenarbeit Kontakt aufgenommen.
BT-Wahlprogramm 2013, S. 106f.:
Erzieherinnen haben eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Doch die gesellschaftliche Anerkennung hinkt hinterher. Auch die zu geringe Entlohnung spiegelt den Anspruch und die Leistung nicht wider. Wir wollen die Länder unterstützen bei der Qualifizierung von Erzieherinnen und Erziehern, die in großer Zahl dringend gebraucht werden. Wir brauchen Mindeststandards für die Fachkraft-Kind-Relation, um die Qualität in den Kitas zu verbessern.
Duale Ausbildung kann auch bei ErzieherInnen ein guter Weg sein, den Beruf attraktiver zu gestalten. Perspektivisch soll in jeder Gruppe eine Fachkraft arbeiten, die auf Hochschulniveau ausgebildet wurde.
Wir brauchen eine Fortbildungskultur, die „lebenslanges Lernen“ auch für ErzieherInnen und LehrerInnen ernst meint. Dabei müssen Genderkompetenz, interkulturelle Kompetenz, Sensibilität bezüglich der Vielfalt sexueller Identitäten, Formen selbstbestimmten Lernens und heil- und sonderpädagogisches Wissen Teil der Aus- und Weiterbildung sein. Dazu gehören für uns auch mehr Fachkräfte mit Migrationshintergrund, mit eigener Behinderung sowie mehr Männer besonders für den Kita- und Grundschulbereich. Generell ist eine umfassendere Lehrerausbildung mit gleicher Studiendauer für alle Schularten unser Ziel.
Die Verantwortung für gute Kitas, mehr noch aber für Schulen und Hochschulen liegt zuallererst bei den Ländern und den Kommunen.
Der Bund kann unterstützen und mitfinanzieren, wenn man ihn lässt. Deshalb muss das Kooperationsverbot zwischen Bund und Bundesländern aufgehoben werden.
108: Wir wollen den ab August 2013 geltenden Rechtsanspruch angemessen finanzieren, einen Rechtsanspruch auf
einen Ganztagsplatz einführen, bundesweit Mindeststandards für die Qualität der Betreuungsangebote in einem Gesetz festlegen und die Ausbildung von mehr Erzieherinnen und Erziehern unterstützen.
1 Mrd. Euro an Bundesmitteln pro Jahr werden wir Ländern und Kommunen zusätzlich zur Verfügung stellen, damit es schnell vorangeht.
142: Eine Ausdehnung des Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz in der Kita bzw. der Kindertagespflege halten wir für absolut nötig. Damit die Qualität nicht auf der Strecke bleibt, wollen wir Qualitätsstandards, etwa die Zahl der Kinder, die eine Erzieherin betreut, bundesweit festlegen und die Ausbildung und Weiterbildung von mehr Erzieherinnen und Erziehern unterstützen. Diese Aufgabe kann nur gemeinsam von Kommunen, Ländern und auch dem Bund gemeistert werden – zumal bereits der ab August 2013 geltende Rechtsanspruch an manchen Orten kaum erreicht wird.
Zur Verbesserung der Qualität der Kinderbetreuung braucht es vor allem Erzieherinnen und Erzieher, die die Zeit und die Arbeitsbedingungen haben, sich aktiv um die Förderung der Kinder zu kümmern.
Niemandem ist geholfen, wenn ErzieherInnen aufgrund zu großer physischer und psychischer Belastung ihren Beruf aufgeben.
194: Wir werden uns deshalb dafür einsetzen, dass Medienkompetenzvermittlung in der ErzieherInnen-, BetreuerIn-nen- und LehrerInnenausbildung bundesweit als eigener Gegenstandsbereich etabliert wird.
Länderberichte für das komplette Jahr 2013 (außer BT-Wahl)
– NiS: Gleichstellungsatlas wurde aufgelegt
– Gender Budgeting ist in mehreren LVen auf einem guten Weg
– Mentoring ist nach wie vor notwendig
– Paritégesetz ist auch in vielen LVen in Arbeit
– Anonyme Spurensicherung auch in Thüringen Thema
Sexistische Werbung
Die Werbewatchgroup Wien beschäftigt sich mit vorurteilsbeladener, sexistischer Werbung auf vorbildliche Weise.
Auf kommunaler Ebene können Passagen, die frauenfeindliche Werbung verbieten, in die Werbenutzungsverträge eingearbeitet werden unter Federführung und Kontrolle der Gleichstellungsstelle, Postkartenaktionen können organisiert werden und der Deutsche Werberat sollte anderes zusammengesetzt werden, z.B. auch politisch begleitet werden.
Sonntag, 10. November
Europa – Auffrischungskurs
Wahlrecht, Arbeitsweisen, Kompetenzen, Visionen der BAG Europa
Europa als frauenpolitische Akteurin: Wer macht was und wo? Welchen Einfluss hat Europa auf Deutschland und die Welt?
Referentinnen: Elisabeth Schrödter (MdEP), Marie Wichmann (Mitarbeiterin BT-Fraktion), Eva-Maria Schneider (Mitarbeiterin EP-Fraktion), Terry Reintke (Kandidatin für die Wahl 2014)
Im Manifest der Europäischen Grünen Partei steht der Begriff Frauen nur an zwei Stellen, da müssen wir noch massiv nacharbeiten. Die deutschen GRÜNEN sind mit einer 6er Delegation dabei (BuVo, Partei, GJ etc.), nur diese sind antragsberechtigt, Terry für Frauen
Am Wochenende 06./07.12. findet ein BAGen-Treffen für Veränderungsvorschläge am EP-Wahlprogramm statt, das im Rahmen einer BAG Frauenpolitik-Tagung stattfindet.
Prostitution und Menschenhandel
Input: Monika Lazar, MdB
Prostitution und Menschenhandel müssen klar unterschieden werden
Bei der Prostitution geht es um Selbstbestimmung der Frauen
Prostituierte sind nicht alle Opfer, einige möchten diesen Beruf ausüben. Wollen wir ihnen das verbieten?
zentral und handlungsleitend muss der Schutz der Prostituierten sein
Bedingungen und Schutz von Sexarbeiterinnen muss verbessert werden.
ein rechtlicher Raum zur Sicherheit der Prostituierten muss geschaffen werden
Ein Verbot von Prostitution würde die Sexarbeiterinnen in die Illegalität treiben, wo sie noch mehr Gewalt und Ausbeutung unterworfen wären.
Wenn wir Prostitution als einen prägnanten Ausdruck des Patriarchats abschaffen wollen widerspricht das dem Arbeitswunsch von Prostituierten und dann müssten wir uns gleichzeitig um alle Frauenberufe wie Putzhilfen etc. kümmern…
In dem Appell von Emma werden rot-grün als Zuhälter bezeichnet; trotz dessen haben zwei anwesende Frauen ihn unterschrieben
Konkrete Zahlen gibt es nicht, aber auf Bundesebene das „Lagebild Menschenhandel“, auf NRW-Ebene ebenfalls.
Weiteres Vorgehen:
Es gibt noch starken Diskussionsbedarf, der mit Referentinnen auf der nächsten BAG-Sitzung umgesetzt werden soll, z.B. durch ein Treffen mit dem Berufsverband. Der Kontext, in dem Prostitution geschieht, wird ebenfalls weiter verfolgt.
Dann: nach Ergänzungsmöglichkeiten zum Thema Menschenhandel im EP-Wahlprogramm suchen.
13.15 Uhr Feedback-Runde
13.30 Uhr Ende
PDF: Protokoll BAG Frauenpolitik (08. – 10.11.2013 in Hamburg)
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